Symbolbild: Ein Solarpark mit Photovoltaik Anlagen am 27. April 2023 in der Nähe von Berlin bei Buckow in Brandenburg. (Quelle: Picture Alliance/Rainer Keuenhof)

Brandenburg Friesack stößt mit geplanten Solarparks auf Widerstand bei Anwohnern

Stand: 12.05.2025 14:10 Uhr

Die Stadtverordnetenversammlung Friesacks diskutiert aktuell über vier Solarparks. Sie sollen dringend benötigte Einnahmen bringen. Die Anwohner im Ortsteil Zootzen wehrten sich aber gegen erste Pläne. Von Heike Schüler und Philipp Rother

Andreas Wengel ist im Jahr 2009 aus Berlin-Pankow nach Friesack (Havelland) gezogen - vor allem wegen der schönen Natur. Auf sie achtet er im Ortsteil Zootzen auch in seinem Garten, der direkt an einem mit Luzerne, eine Kleeart, bewachsenen Acker liegt.
 
Seit 2023 muss der Sounddesigner aber um den freien Blick ins Grüne bangen. Seitdem plant der Eigentümer des Nachbargrundstücks, ein Landwirt aus Niedersachsen, auf der 75 Hektar großen Fläche eine gewaltige Freiflächen-Photovoltaikanlage zu bauen. Der erste Plan sah 4,5 Meter hohe Solarpaneele vor, die bis auf 20 Meter an den Zaun Wengels heranreichen.

Archivbild: Ein Solarpark mit Photovoltaik Anlagen am 11. März 2023 in der Nähe von Trebbin in Brandenburg. (Quelle: dpa/Rainer Keuenhof)
Solarparks bei Trebbin mehrheitlich abgelehnt
mehr

Bürgerinitiative gegründet

"Wenn ich mir vorstelle, dass da plötzlich so eine Glas-Metall-Wand ist, dann ist das schon eine Bedrohung", sagte Wengel im Gespräch mit dem rbb. Auch viele der rund 300 Anwohner kritisieren, dass die vom Investor geplante Anlage schlicht zu groß sei. "In der Größenordnung passt das landschaftlich nicht rein hier in das Bild", sagte Anwohner Wolfgang Rehfeld.
 
Die Menschen aus dem Friesacker Ortsteil Zootzen gründeten darum eine Bürgerinitiative, die Zootzener Zukunftsinitiative, und erkundigten sich bei Betroffenen aus anderen Kommunen. Die, erfahren sie, stellen sogenannte Kriterienkataloge auf. Darin wird zum Beispiel verlangt, zwischen Solarflächen und Wohnbebauung 200 Meter Abstand einzuhalten, dazu eine maximale Paneelhöhe von 2,50 Metern und eine Sichtschutzhecke. Die Bürgerinitiative lud schließlich die Friesacker Stadtverordneten zu Ortsterminen ein und erstellte Visualisierungen, die zeigen, wie eine Photovoltaik-Anlage in der geplanten Dimension aussehen würde. Den Anwohnern gelang es, die Abgeordneten davon zu überzeugen, die Wünsche des Investors nicht einfach durchzuwinken.

Friesack benötigt Haushaltseinnahmen

Doch Friesack braucht auch Haushaltseinnahmen. Die Fliederstadt hat knapp 2.700 Einwohner, aber keine Industrie, kaum Gewerbe und sogar Leerstand mitten im Zentrum. "Jetzt haben wir einen sehr angespannten Finanzhaushalt. Und den möchten wir gerne, vielleicht in zwei, drei Jahren, wenn dann diese Photovoltaikanlagen auch ans Netz gehen, ein bisschen aufbessern", sagte Bürgermeister Lothar Schneider (SPD) dem rbb.
 
Rund um Friesack gelten 10.000 Hektar als landwirtschaftliche Flächen oder Landschaftsschutzgebiet. 200 Hektar davon, also zwei Prozent der Fläche, könnten zu Solarparks werden. Inzwischen diskutieren die Friesacker Stadtverordneten über insgesamt vier Photovoltaik-Anlagen. In der jüngsten Stadtverordnetenversammlung Ende April präsentierte ein weiterer Investor, diesmal aus Bayern, seine Pläne für eine gut 60 Hektar große Anlage. Die AfD-Fraktion stimmte dagegen, die Mehrheit der Abgeordneten überzeugte er aber mit seinem Konzept.

Einnahmen von 2.000 Euro pro Megawatt

Friesack will eine Solarstadt werden und mitverdienen. Denn seit Anfang 2025 müssen im Land Brandenburg alle neuen Betreiber von Photovoltaik-Freiflächenanlagen eine Sonderabgabe an die Standortkommune zahlen. Die Grundlage dafür ist das Photovoltaik-Freiflächenanlagen-Abgabengesetz (BbgPVAbgG), das am 25. Januar 2024 vom Landtag beschlossen wurde [brandenburg.de]. Dadurch bekommen die Kommunen jährlich 2.000 Euro pro Megawatt der installierten Leistung. Würden alle vier Anlagen gebaut werden, könnte die Stadt Friesack knapp eine halbe Million Euro pro Jahr zusätzlich einnehmen, rechnete Bürgermeister Schneider vor. "Das Geld brauchen wir für Straßenbau, wir haben auch marode Brücken", so der SPD-Politiker. Die Stadt benötige auch mehr Geld für die Jugendarbeit, verlangen einige Stadtverordnete.

Schweinemastanlage statt Solarpark?

Im Ortsteil Zootzen ließ der niedersächsische Landeigentümer lange nicht mit sich reden. Er beharrte auf seinen Plänen. Zwischendurch hatte er aber statt des Solarparks eine Schweinemastanlage für 1.500 Schweine angemeldet - ein noch schlimmeres Szenario für die Anwohnerinnen und Anwohner. Doch mittlerweile hat die Stadtverwaltung mit ihm einen Kompromiss ausgehandelt. Die Schweinemastanlage sei vom Tisch, verkündet Bürgermeister Schneider Ende April in der Stadtverordnetenversammlung. Und die Solaranlage soll nun doch nur 2,50 Meter hoch werden, darüber hinaus wird sie nicht 20 sondern 125 Meter entfernt von der Grundstücksgrenze gebaut. Es ist auch eine breite Sichtschutzhecke aus schnellwachsenden Pappeln geplant.
 
Damit kann Andreas Wengel leben, auch wenn er sich lieber keine Industrieanlage in dem Idyll im Norden Brandenburgs gewünscht hätte. Nicht klein beizugeben, hat sich für die Anwohner aber gelohnt. "Allen Betroffenen empfehle ich, sich gründlich mit der Sache auseinanderzusetzen und zu schauen, was andere Gemeinden machen", sagte Wengel. Vor allem die sogenannten Kriterienkataloge seien "total hilfreich". Darin sind Abstandsflächen, zulässige Höhen und Sichtschutzregeln definiert. Jede Kommune hat es selbst in der Hand, diese Werte zu bestimmen.
 
Der Genehmigungsprozess ist dagegen klar geregelt, aber komplex und zeitaufwändig. Er umfasst zwingend die kommunale Bauleitplanung, Umweltprüfungen und die Beteiligung mehrerer Behörden, bevor eine Baugenehmigung für die große Solaranlage erteilt wird. Die steht für das Projekt im Friesacker im Ortsteil Zootzen noch aus.

Sendung: rbb24 Inforadio, 7.5.2025, 13 Uhr