
Rheinland-Pfalz Schuldnerberater aus Ludwigshafen erklärt: Darum sind so viele Menschen dort überschuldet
Etwa 15 Prozent aller Menschen in Ludwigshafen können ihre Rechnungen und Miete nicht mehr zahlen. Schuldnerberater Jürgen Frenke erklärt, was Bezahldienste damit zu tun haben.
Was haben ein Mörder, ein SUV-Fahrer und eine Supermarkt-Mitarbeiterin gemeinsam? Sie alle saßen schon einmal im Büro von Jürgen Frenke und haben sich beraten lassen. Denn sie alle waren überschuldet. Überschuldet, das heißt: Sie konnten ihre Rechnungen, Miete und Kredite nicht mehr bezahlen.
In Ludwigshafen sind etwa 15 Prozent aller Menschen davon betroffen. Die Stadt ist eine Überschuldungs-Hochburg in Rheinland-Pfalz, mit der zehnthöchsten privaten Überschuldungsquote aller Städte in Deutschland. Wenn jemand weiß, wer die Menschen sind, die ihre Rechnungen nicht mehr zahlen können, dann ist es der Ludwigshafener Schuldnerberater Jürgen Frenke.
Überschuldung: Oft ist es einfach Pech
"Bei 90 Prozent der Überschuldeten ist es einfach Pech", sagt Frenke zu Beginn. Es gibt sechs Hauptgründe: Arbeitslosigkeit, Trennung, Erkrankung, unwirtschaftliche Haushaltsführung, gescheiterte Selbstständigkeit und längerfristiges Niedrigeinkommen. Besonders der letzte Fall komme häufig vor, sagt er. "Menschen mit Niedrigeinkommen haben nicht die Möglichkeit, Geld zurückzulegen." Es muss nur einmal etwas Unvorhergesehenes passieren - und sie überschulden sich.
Ein Problem, dass viele in Ludwigshafen haben: Viele Menschen arbeiten im Niedriglohnsektor, 9,3 Prozent der Bevölkerung sind zudem arbeitslos.
Doch auch andere Menschen kommen zu ihm, sagt Frenke. Er erzählt von einem SUV-Fahrer, der zwar mehr als 7.000 Euro Netto-Monatseinkommen hat, doch sich trotzdem wegen seiner erkrankten Angehörigen im Ausland verschuldet hat. Frenke erzählt von einem Mörder, der wegen der hohen Gerichtskosten und Strafzahlungen überschuldet war.
Und er erzählt von Menschen, die es nicht hinbekommen, schuldenfrei zu bleiben: Ein Pärchen, das sich noch einen "sexy Zweiteiler für Herbst und Winter" gekauft hat, obwohl es überschuldet ist. "Schöne Produktbeschreibung", sagt Frenke. "Die kommen nicht über die Runden, aber das musste sein."
Bezahldienste wie Klarna und Paypal sind großer Faktor bei Überschuldung
Warum gelingt es vielen Menschen nicht, es zu lassen und nicht weiter zu kaufen? Dazu tragen auch Bezahldienste wie Klarna bei, sagt Frenke. Dort kann jeder kaufen, und muss erst Monate später zahlen. Die Hürde, sich zu überschulden, wird dadurch immer niedriger: "Die Leute müssen nicht mehr in ihren Geldbeutel gucken, zücken das Handy und machen sich keine Gedanken mehr darüber, wie sinnlos oder gefährlich das sein kann", sagt Frenke.
Er berichtet von einer Supermarktmitarbeiterin, die vergangene Woche bei ihm war. Sie hat über Klarna eingekauft: Getränke und Süßigkeiten. "Das kann man schon so machen, aber sie musste die Hälfte der Preise auch noch als Versandkosten draufzahlen – und sie arbeitet ja im Supermarkt". Wer keinen Überblick über seine Finanzen hat, sollte deshalb von solchen Diensten die Finger lassen, sagt Frenke.
Schuldnerberater: Er hilft den Menschen auch nach der Privatinsolvenz
Frenke hilft den Menschen, indem er ihnen erst einmal am Telefon viele Fragen stellt und später mithilfe eines Fragebogens. "Ich muss mir erstmal einen Überblick verschaffen", sagt er. Liegt eine Zahlungsunfähigkeit vor, kann er dann dabei helfen, Privatinsolvenz zu beantragen.
Manchmal zieht sich so eine Beratung lange, über viele Jahre hinweg Jürgen Frenke, Schuldnerberater aus Ludwigshafen
Und auch nach dem Insolvenzantrag sind die Ratsuchenden noch mit ihm in Kontakt. Er kontrolliert, dass sich seine Klienten nicht erneut überschulden. "Ich bin da relativ streng, denn auch nach der Privatinsolvenz dürfen sich die Klienten nicht wieder verschulden. Manchmal zieht sich so eine Beratung dann lange, über viele Jahre hinweg", sagt er.
Aber er macht es gerne, berät schon seit mehr als zehn Jahren. "Es ist eine der befriedigendsten Tätigkeiten, die ich in meinem Leben ausgeübt habe. Jeder, der an Menschen Interesse hat, sollte sich damit befassen". Manchmal weinen gestandene Männer schon beim ersten Telefonat mit ihm, sagt Frenke. Weil er ihnen zuhört. Und er ihnen hilft.
Sendung am Mo., 12.5.2025 10:00 Uhr, SWR4 am Vormittag, SWR4