
Rheinland-Pfalz Schöner Wohnen im Alter: So erfolgreich kann Pflege in Rheinland-Pfalz sein
Immer mehr Menschen in Rheinland-Pfalz werden pflegebedürftig. Für sie oder ihre Angehörigen ist es oft nicht leicht, Hilfe zu finden. Wir stellen sechs besondere Angebote vor.
Alt werden auf dem Bauernhof: Auf einem Pflegebauernhof leben Seniorinnen und Senioren naturverbunden mit Tieren und Landwirtschaft und werden gleichzeitig betreut und gepflegt. Das Konzept gehört zur "Green Care": Die Bewohner helfen nach individuellen Kräften im Stall, in der Obstplantage oder im Gemüsegarten.
Erfolgskonzept aus Marienrachdorf
Pionier für dieses Modell ist Familie Pusch aus Marienrachdorf (Westerwaldkreis): Vor knapp 15 Jahren baute sie ihren Hof zu einem Pflegebauernhof um. Damals war der kleine Hof mit nur 30 Hektar wirtschaftlich am Straucheln - und zusätzlich erkrankte die Oma an Demenz.
Inzwischen unterstützt und berät Familie Pusch Bauernhöfe in ganz Deutschland, die Ähnliches vorhaben. Das Projekt wurde unter anderem mit dem Königin-Silvia-Pflegepreis (Queen Silvia Nursing Award) ausgezeichnet.
Hofgut Böhlwiesen in Schweighofen
Einer der Pflegebauernhöfe, die im Land gerade entstehen, ist das Hofgut Böhlwiesen im südpfälzischen Schweighofen. Auf einem 4.000 Quadratmeter großen Grundstück mit einem alten Bauernhaus soll hier nach Angaben der zuständigen Stiftung ein großes Mehr-Generationen-Wohnprojekt entstehen. Geplant sind zwei Pflege-WGs, dazu eine WG für aktive Senioren und eine WG für junge Menschen.
Der Bauernhof ist eine ehemalige Obstplantage. Auch zukünftig soll hier Obst angebaut, geerntet und verarbeitet werden - gemeinschaftlich und je nach Kräften der Bewohnerinnen und Bewohner. Außerdem sollen auf dem Hof auch Hühner, Ziegen und Esel wohnen.
2. Pflege-WGs
Im Alter nochmal in die WG: Das ist das Konzept so genannter Wohn-Pflege-Gemeinschaften. Diese gibt es in mehreren Orten in Rheinland-Pfalz, unter anderem in Neuburg am Rhein, in Hetzerath in der Eifel, in Trier und in Kirrweiler. Jeder Bewohner hat dort sein eigenes Zimmer und meist ein eigenes Bad. Wohnzimmer und Küche werden geteilt, oft wird auch gemeinsam gekocht.
Senioren-Wohnprojekt in den Herta-Kuhn-Höfen in Kirrweiler
In den Herta-Kuhn-Höfen in Kirrweiler (Kreis Südliche Weinstraße) sind nach Angaben von Quartiersmanagerin Esther Stadel im Winter die ersten Bewohner eingezogen. Alle Belange, die die Gemeinschaft betreffen, werden gemeinsam entschieden: Viermal im Jahr tagt dafür das "Bewohner-Gremium".
Die Senioren-WG ist auch eingebunden in die Dorfgemeinschaft: Jüngere Leute aus dem Ort helfen bei der Betreuung, lesen vor oder kochen mit den Bewohnern Marmelade, erzählt Stadel. Manchmal kommt auch der Kindergarten oder die Krabbelgruppe zu Besuch. 2026 soll noch ein Begegnungscafé im Dorfgemeinschaftshaus "Edelhof" ganz in der Nähe eröffnet werden.
Pflege-WG in Trier
In Trier-Kürenz gründet die Barmherzige Brüder Trier gGmbH gerade zwei Wohngemeinschaften. Jede WG hat Platz für jeweils zwölf pflegebedürftige Mitbewohner. Die Bewohner leben dort laut Träger in einer familiären Atmosphäre und können ihren Alltag mit Betreuungskräften und ihren Angehörigen weitgehend selbstständig gestalten.

Die große Wohnküche einer der Pflege-WGs der Barmherzigen Brüder Trier in Kürenz
Die WG kann gemeinsam einen Pflegedienst beauftragen und ist rund um die Uhr betreut. Die Bewohner werden eingebunden und können mithelfen. Das Konzept sieht vor, dass sie für sich selbst sorgen, so lange sie können, aber Hilfe bekommen, sobald sie welche benötigen. Nach Angaben einer Pressesprecherin der BBT-Gruppe sind nur noch einzelne Plätze frei.
Wohngemeinschaft in Hetzerath
Auch in Hetzerath (Kreis Bernkastel-Wittlich) gibt es zwei neue Wohngemeinschaften der Barmherzigen Brüder Trier mit ähnlichem Konzept. Nach Angaben des Trägers ist eine 12er-WG bereits belegt, die zweite hat noch freie Plätze.
Um Kosten zu senken, können sich Angehörige - wie auch in den WGs in Trier-Kürenz - bei den anfallenden Aufgaben einbringen und Bewohner zum Beispiel zum Arzt begleiten, mit ihnen etwas unternehmen oder kochen. Dies ist im Umfang bis zu zehn Stunden im Monat möglich. Auch Ehrenamtliche eines Vereins unterstützen die Bewohner bei der Hausarbeit.
3. "Pflege ganz aktiv"
Das Caritas-Projekt "Pflege ganz aktiv" will sich bei der ambulanten Pflege mehr an den individuellen Bedürfnissen der zu pflegenden Menschen orientieren. Das heißt, sie werden so versorgt, wie sie es gerade brauchen. Normalerweise läuft die Pflege über eine Art Leistungskatalog. Im Modell "Pflege ganz aktiv" können die Betroffenen selber entscheiden, ob sie die Zeit mit dem Pfleger für eine Haarwäsche nutzen oder lieber für ein klärendes Gespräch.

Beim Programm "Pflege ganz aktiv" der Caritas Westerwald-Rhein-Lahn und in der Westeifel können die pflegebedürftigen Menschen selbst entscheiden, wie sie die Zeit mit dem Pflegepersonal nutzen: zum Aufräumen, Einkaufen oder Spazierengehen (Symbolbild).
Dabei ist auch die Expertise und Erfahrung der Pfleger gefragt. Das motiviere die Pfleger und diejenigen, die gepflegt werden, gleichermaßen.
Das Projekt des Caritasverbands Westerwald-Rhein-Lahn hat das Modell in fünf Sozialstationen etabliert und dafür 2024 den Pflegepreis erhalten. Inzwischen hat auch der Caritasverband Westeifel dieses Modell in zwei Sozialstationen übernommen.
4. Wohnen für Hilfe
Pro Quadratmeter monatlich eine Stunde Hilfe leisten - das ist das Prinzip hinter dem Wohnkonzept "Wohnen für Hilfe". Es bringt junge Menschen mit geringem Einkommen und ältere Menschen mit freiem Wohnraum zusammen - und ist so im besten Fall ein "Win Win" für beide.
Die jungen Mieter zahlen nur die Nebenkosten - und übernehmen dafür Aufgaben in Haus und Garten. Die Seniorinnen und Senioren stellen den Wohnraum zur Verfügung - und können so selbst oft länger in ihren eigenen vier Wänden bleiben und sind außerdem nicht alleine. Konkrete Pflege ist in dem Konzept allerdings nicht vorgesehen.

Moaath, 23, Maschinenbaustudent, hilft seiner 68-jährigen Mitbewohnerin und Vermieterin Gerda im Garten ihres Hauses in Koblenz. Gefunden haben sie sich über das Projekt "Wohnen gegen Hilfe".
In Koblenz wurde das Projekt acht Jahre lang vom Studierendenwerk und der Hochschule organisiert, seit diesem Jahr kümmern sich jetzt Studierendenwerk und Caritas um die Mehr-Generationen-WGs. "Wohnen für Hilfe" gibt es auch in Landau .
5. Hilfesystem "Bürger für Bürger e.V." in Daun
Der Verein "Bürger für Bürger" aus Daun (Kreis Vulkaneifel) will erreichen, dass vor allem ältere Menschen in ihrer gewohnten Umgebung Hilfe bekommen und so in ihrer Heimat alt werden und gut leben können. Vereinsmitglieder können den Menschen helfen, indem sie ihnen bei hauswirtschaftlichen oder handwerklichen Tätigkeiten zur Hand gehen oder sie zum Arzt fahren, zur Behörde oder zum Einkaufen. Diese Helfereinsätze können sich die Mitglieder ausbezahlen lassen oder im Verein ansparen und später einlösen, wenn sie selbst Hilfe benötigen.
Als Helfer werden auch Jugendliche aufgenommen. Dazu werden sie geschult - wie zum Beispiel kürzlich in einem Workshop zu Gartenarbeit.
6. "Geheischnis" in Morbach berät und hilft Senioren
Die Beratungsstelle "Geheischnis" berät Senioren individuell und persönlich. Träger ist die Gemeinde Morbach (Kreis Bernkastel-Wittlich) mit ihren 19 Ortsteilen. Die Beraterinnen Birgit Wilbert und Julia Kimmling kommen beide aus Morbach und sind dort gut vernetzt. Das führt dazu, dass sie auch mal beim Einkauf oder im Musikverein auf ihre Arbeit hin angesprochen werden.

Birgit Wilbert und Julia Kimmling helfen in der Beratungsstelle "Geheischnis" in Morbach Senioren, die selbstständig und selbstbestimmt in ihrem Zuhause leben möchten.
Senioren, aber auch deren Kinder und Enkel können sie in der Beratungsstelle in der Ladenpassage aufsuchen. Die Stelle sei mittlerweile fast zu einer Art Treffpunkt geworden, sagen die Beraterinnen.
Sie vermitteln Ehrenamtliche, die die Senioren unterstützen, damit sie möglichst lange zuhause leben können. Bei Bedarf kommen die Beraterinnen auch für einen Hausbesuch vorbei. 2024 wurde "Geheischnis" - was übrigens im Hunsrück so viel wie "Geborgenheit oder Wärme geben" heißt - mit dem Pflegepreis des Landes Rheinland-Pfalz ausgezeichnet.
Sendung am Do., 8.5.2025 5:00 Uhr, Guten Morgen RLP, SWR1 Rheinland-Pfalz