Rheinland-Pfalz Verein "Königreich Deutschland" verboten - Festnahme in Rheinland-Pfalz

Stand: 13.05.2025 15:59 Uhr

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat eine Gruppe sogenannter Reichsbürger verboten, die sich "Königreich Deutschland" nennt. Am Dienstagmorgen gab es Razzien in sieben Bundesländern, auch in Rheinland-Pfalz.

Von SWR

Hunderte Einsatzkräfte haben seit Dienstagmorgen in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Liegenschaften des Vereins und Wohnungen führender Mitglieder durchsucht. Ziel sei es, "Vereinsvermögen zu beschlagnahmen und weitere Beweismittel für die verfassungsfeindlichen Ziele und Aktivitäten des Vereins sicherzustellen", so ein Sprecher des Bundesinnenministeriums.

Eine Festnahme im Kreis Bad Dürkheim

Eine Festnahme erfolgte in Rheinland-Pfalz. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft sitzt der in Gönnheim im Kreis Bad Dürkheim festgenommene Mathias B. bereits in Untersuchungshaft. Er war laut Bundesanwaltschaft in der Gruppierung für die Finanzen zuständig und soll im jetzt verbotenen Verein eine Führungsposition eingenommen haben. Mathias B. zählte nicht zu den Gründungsmitgliedern des "Königsreichs Deutschland", er trat der Vereinigung erst später bei.

RLP-Innenminister Ebling: Gruppierung ist "brandgefährlich"

Zustimmung zu Dobrindts Verbot der Gruppe "Königreich Deutschland" und der heutigen Razzien kommt vom RLP-Innenminister Michael Ebling (SPD). Die Gruppe sei "keine harmlose Spinnerei, sondern ein gefährliches Konstrukt aus Staatsleugnung, ideologischer Verblendung und autoritären Machtfantasien", so Ebling. Sie versuche seit Jahren, den Staat "systematisch auszuhöhlen". Das mache die Gruppierung "brandgefährlich".

Der verbotene Verein "Königreich Deutschland"
Das "Königreich Deutschland" gilt als derzeit bundesweit größte Vereinigung sogenannter Reichsbürger und Selbstverwalter. Die Gruppe hat nach eigenen Angaben etwa 6.000 Anhänger; nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden sind es lediglich "etwa tausend" Anhänger. Die als Verein firmierende Organisation erkennt die Bundesrepublik nicht als einen legitimen Staat an und betreibt eigene pseudostaatliche Strukturen. Gegründet wurde das "Königreich" 2012 in Wittenberg von Peter Fitzek. Der in Halle in Sachsen-Anhalt geborene Fitzek leitete die Gruppierung als sogenannter Oberster Souverän. Laut Bundesanwaltschaft verfügte er als solcher über die Kontrolle und Entscheidungsgewalt in allen wesentlichen Bereichen. So habe er etwa die ideologische Ausrichtung bestimmt und eigene "Gesetze" erlassen. Fitzek stand mehrfach vor Gericht und saß schon wegen illegaler Versicherungsgeschäfte in Haft. Laut Bundesinnenministerium reklamiert der Verein nach außen eine eigene Staatlichkeit - untermauert etwa durch eigene Verfassungs- und Gesetzgebung - und stellt das Gewaltmonopol der Bundesrepublik infrage. Mitglieder sollten demnach etwa von der Steuer- und Sozialabgabepflicht befreit sein. Dafür habe die Gruppierung eine eigene Währung, ein eigenes Bank- und Versicherungssystem und ein Meldeamt mit fiktiven Ausweisdokumenten geschaffen. Finanziert wurde die Gruppe laut Bundesanwaltschaft vor allem durch verbotene Bank- und Versicherungsgeschäfte sowie über Spenden und Einnahmen aus Seminaren.

Vier Festnahmen in Deutschland, bislang zwei Haftbefehle

Insgesamt wurden am Dienstag vier mutmaßliche Rädelsführer des Vereins festgenommen, darunter der Gründer Peter Fitzek. Zwei der Festnahmen erfolgten laut einer Sprecherin im Landkreis Mittelsachsen, je eine weitere in den Landkreisen Oder-Spree in Brandenburg und im Kreis Bad Dürkheim. Zwei der festgenommen Männer sind inzwischen in Untersuchungshaft.

Bei den Razzien wurden den Angaben zufolge auch Beweismittel sichergestellt, die die "verfassungsfeindlichen Ziele und Aktivitäten des Vereins" belegen sollen. Unter anderem wurden drei Vereinsimmobilien, zahlreiche Fantasiedokumente, Vereinsunterlagen, Bargeld, Landmaschinen und Fahrzeuge beschlagnahmt.

Was sind "Reichsbürger"?
Sogenannte Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik Deutschland und ihre Institutionen und Gesetze nicht an. Für viele von ihnen besteht das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 fort. Sie weigern sich oft, amtlichen Bescheiden Folge zu leisten und Abgaben und Bußgelder zu zahlen. Häufig sind sie mit erfundenen Ausweisen oder Autokennzeichen unterwegs. In Rheinland-Pfalz zählt der Verfassungsschutz etwa 950 Personen zu dieser Szene, davon seien 140 gewaltbereit (Stand August 2023).

Der Verein "Königreich Deutschland" soll bundesweit etwa 6.000 Anhänger haben. Die Mitglieder dieser Vereinigung hätten einen "Gegenstaat" in unserem Land geschaffen und wirtschaftskriminelle Strukturen aufgebaut, sagte Dobrindt laut einer Mitteilung seines Ministeriums. Ihren vermeintlichen Herrschaftsanspruch untermauerten die Mitglieder der Vereinigung durch antisemitische Verschwörungserzählungen. Dieses Verhalten könne ein Rechtsstaat nicht dulden.

Faktencheck: Die (falschen) Behauptungen der "Reichsbürger
These 1: Deutschland ist gar kein souveräner Staat, sondern von den Alliierten des 2. Weltkriegs besetztes Gebiet
Falsch: "Der am 15. März 1991 in Kraft getretene Zwei-plus-Vier-Vertrag vom 12. September 1990 markiert den Schlusspunkt der schrittweisen Wiederherstellung der vollen Souveränität Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg." Der Vertrag erfüllt auch die Funktion eines Friedensvertrages. (Quelle: Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages) These 2: Die Bundesrepublik hat gar keine Verfassung
Falsch: Das Grundgesetz war zwar zunächst als Provisorium gedacht, trat aber als Verfassung in Kraft. Eine Verfassung beschreibt den Aufbau eines Staates, definiert sein Staatsgebiet, und legt fest, welche Rechte und Pflichten der Staat gegenüber seinen Bürgern hat - und umgekehrt. Das alles tut das deutsche Grundgesetz. Auch andere Staaten wie Dänemark und Irland benutzen den Begriff Grundgesetz anstelle des Wortes Verfassung. (Quelle: Faktenfuchs, BR) These 3: Deutsche Bürger sind weiterhin Reichsbürger, weil die Staatsangehörigkeit in der Bundesrepublik nicht geregelt ist 
Falsch: Das Gesetz zur Staatsangehörigkeit geht tatsächlich auf ein Gesetz aus der Kaiserzeit zurück. Laut Bundesverfassungsgericht ist aber die damals (1913) festgelegte deutsche Staatsangehörigkeit identisch mit der Staatsangehörigkeit der Bundesrepublik. Damit sind deutsche Bürger heute Bundesbürger und keine Bürger des untergegangenen Deutschen Reiches. (Quelle: Faktenfuchs, BR)

Sendung am Di., 13.5.2025 12:00 Uhr, Aktuell um 12, SWR1 Rheinland-Pfalz