
Rheinland-Pfalz Neues Jagdrecht: Jäger wollen nicht noch mehr Wild abschießen
Führt das neue Jagdrecht in Rheinland-Pfalz dazu, dass viel zu viele Wildtiere abgeschossen werden müssen? So sehen es die Jäger. Naturschützer widersprechen.
"Wir sind nicht Ihre Auftrags-Killer!" steht auf einem großen Transparent, dass die rheinland-pfälzische Jägerschaft am Samstag vor dem Grünen-Parteitag in Idar-Oberstein aufgespannt hat. Darunter aufgehängt: Ausgeweidete, blutige Reh-Kadaver.
Der drastische Protest gilt der grünen Umweltministerin Katrin Eder, die sich stark für das neue Jagdrecht engagiert hat. Der Gesetzentwurf ist am vergangenen Freitag vom Ministerrat beschlossen worden. In der kommenden Woche soll er in den Landtag eingebracht werden, wie das Umweltministerium in Mainz mitteilte.
Das soll sich bei der Waldentwicklung ändern
Kernpunkt: Der Waldumbau. Die Jagd soll stärker auf die in Folge des Klimawandels nötige Walderneuerung ausgerichtet werden. Dazu soll der Wald auch mit einem Mix aus teils neuen Baumarten verjüngt werden.
Gefährdet Wild durch Verbiss die Entwicklung des Waldes, soll die Jagd abgestimmt werden - und zwar zwischen der oder dem für die Jagd Zuständigen in diesem Gebiet und dem jeweiligen Verpächter. Es soll dann eine Jagdkonzeption geben, wie Wildschäden künftig verhindert werden sollen.
Sollte die Entwicklung des Waldes erheblich gefährdet sein, kann von Behördenseite ein Mindestabschussplan festgesetzt werden. Wird auch dieser nicht umgesetzt, kann eine behördliche Anordnung folgen.
Jäger kritisieren Gesetzentwurf
An diesen Plänen entzündet sich der Protest des Landesjagdverbands. Er nennt das Gesetz einen "Riesenfehler" und kündigte "harschen Widerstand" an. Die Jägerschaft in Rheinland-Pfalz werde mit dem Gesetz zu immer höheren Abschüssen gezwungen.
"Die Wildbiologie wird überhaupt nicht beachtet, sondern es geht jetzt nur noch um Totschießen zu Nutzen des Forstes und der Waldbesitzer, die einfach nur ihre wirtschaftliche Kraft stärken möchten", sagt Sven Bischoff, Geschäftsführer des Landesjagdverbandes Rheinland-Pfalz.
Verbandspräsident Dieter Mahr kündigte an, gegen die Novelle anzukämpfen. "Wir werden alle demokratischen Mittel nutzen und zivilen Ungehorsam zeigen, um das Inkrafttreten zu verhindern", so Mahr. Der Verband prüfe intensiv die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde, eines Volksbegehrens und eines Volksentscheids.
Es wird von uns Jägern verlangt, dass wir immer mehr schießen und immer mehr schießen, die Wildbiologie wird überhaupt nicht beachtet, sondern es geht jetzt nur noch um Totschießen zu Nutzen des Forstes und der Waldbesitzer. Sven Bischoff, Landesjagdverband Rheinland-Pfalz
BUND begrüßt neues Landesjagdgesetz
Gänzlich anders beurteilen Naturschützer den Entwurf für ein neues Jagdrecht. Ein zu hoher Bestand an Schalenwild könne die natürliche Verjüngung des Waldes und die Entwicklung artenreicher, naturnaher Wälder stark behindern, erklärte Sabine Yacoub, Landesvorsitzende des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Rheinland-Pfalz. Sie sieht in der Jagd ein wichtiges Instrument für eine naturnahe Waldbewirtschaftung. In vielen Regionen sei der Wildbestand zu hoch und die notwendige Naturverjüngung bleibe aus. "Wir begrüßen, dass dieses Problem mit der geplanten Änderung des Landesjagdgesetzes angegangen wird", sagte die BUND-Landeschefin.
Auch der Naturschutzbund Deutschland zeigt sich mit dem Gesetzentwurf zufrieden: Die Reform des Landesjagdgesetzes sei vor dem Hintergrund der immer stärker schwindenden Artenvielfalt, der fortschreitenden Klimakrise sowie aus weiteren Natur- und Artenschutzgründen dringend notwendig. Die Novellierung sei längst überfällig, so der Naturschutzbund.
Gesetzentwurf ist Kompromiss zwischen vielen Interessen
Über das neue Jagdrecht ist bereits über Jahre erbittert gestritten worden. Völlig überraschend ist das nicht, auch in anderen Bundesländern wurden Reformen des Jagdrechts von kontroversen Diskussionen begleitet.
"Der jetzt erarbeitete Entwurf ist ein mit viel Zeit und Geduld ausgehandelter Kompromiss zwischen den Interessen unterschiedlicher Verbände", sagte die rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder. Und zwar "unter der Prämisse der Stärkung des Walderhalts und den Inhalten des Koalitionsvertrags."
Mit dem Beschluss im Ministerrat ist Eder ihrem Ziel, ein neues Jagdrecht einzuführen, einen entscheidenden Schritt näher gekommen. In Kraft treten soll das Gesetz voraussichtlich zum April 2027.
Sendung am Fr., 9.5.2025 17:00 Uhr, SWR1 RP Nachrichten - Radionachrichten