
Nordrhein-Westfalen "Wir müssen gehen": Hören die Toten Hosen auf?
Wenn die Toten Hosen eine Tournee ankündigen, freuen sich die Fans - eigentlich. Doch diesmal ist Angst dabei. Hört die Band auf?
Zwei etwas ältere Herren sitzen in Düsseldorf am Rhein: Bierchen in der einen, Angel in der anderen Hand, vorne hupt der Frachter. Eigentlich nichts Besonderes bei dem derzeit schönen Wetter - wenn man die beiden nicht kennen würde. Denn der eine ist Schauspieler Charly Hübner, und der andere Toten-Hosen-Sänger Campino. Campino erzählt Hübner in einem Instagram-Video, das die Band am Sonntag veröffentlicht hat, dass die Toten Hosen 2026 wieder auf Tour gehen.
Hübner reagiert mit Frotzeleien und markiert den saturierten Spießer, der sich über die letzten Konzerte der Band mokiert. Beim letzten Mal sei es ja nicht so geil gewesen. Keine VIP-Parkplätze, tanzende Gäste auf der Tribüne, die die Sicht versperrten und außerdem hätte die Band ja auch nur knapp über zwei Stunden gespielt. "Also das war bei den Ärzten echt besser", so Hübner.
"Bitte keine Abschiedstour. Ich weine."
Das Spiel und den Bruch mit den Erwartungen betreiben die Toten Hosen ja schon seit Jahrzehnten. Und auch die Taktik, dass man die Reibungsfläche zwischen der Vergangenheit im Punkrock und der Gegenwart als größte deutsche Rockband durch Witz, Rollenspiele und Selbstironie zu schleifen versucht, ist nicht neu im Hosen-Kosmos. Was aber aufmerken lässt, ist das Ende des Videos. Wie die Tour denn heiße, will Hübner wissen. "Trink aus. Wir müssen gehen" sagt Campino mit einer Miene, in der nun gar kein Schalk mehr sitzt. Man wartet auf das patentierte Grinsen aus der großen Campino-Klappe, doch es kommt einfach nicht. Der Sänger sieht auf einmal furchtbar ernst aus. Und auch Hübner weiß nicht mehr so richtig weiter: "Das klingt schon so ein bisschen wie..."

Hosen-Fans fürchten Band-Ende
Genau: wie Abschied. Zumindest kommt das bei den Fans so rüber. Denn in die Freude, dass die fünf Düsseldorfer bald wieder live zu sehen sind, mischt sich die Angst, dass es das letzte Mal sein könnte. "Bitte lasst das keine Abschiedstour sein, ich packe das nicht." - "Ich verkrafte einen Abschied nicht." "Ich weine. Und ich weine nie." Botschaften wie diese finden sich zu hunderten unter dem Post der Band, und auch bei WDR 2, wo man als Sender die Tour präsentiert, gab es schon mehrere Anrufer, die ihr Bedauern über das mögliche Band-Ende äußerten.
Punkrock-Prinzip: Die Leute im Ungewissen halten
Hören die Hosen also nach dieser Tour auf? Beendet die Band ihre Karriere, die Anfang der Achtziger begann und von autonomen Zentren und besetzten Häusern bis in die größten Arenen des Landes führte? Eine Antwort bleiben die Hosen bislang schuldig. Fakt ist: Wirtschaftliches Kalkül muss man der Band eher nicht unterstellen. Der Status der Band ist ungebrochen groß, und um Stadien in Köln, Düsseldorf oder Frankfurt vollzumachen, braucht es keine angetäuschte Auflösung, die dann doch nicht umgesetzt wird.
Warum aber befeuern die Hosen mögliche Gerüchte um ihr Karriereende mit diesem kryptischen Video? Hier spielen bestimmt auch die subkulturellen Wurzeln der Band eine Rolle. Denn dass man als Punkrock-Band viel Spaß an der Provokation, am Ungewissen und Spontanen hat, steht schon im Alten Testament des Genres, das Ende der 1970er Jahre von Bands wie den Sex Pistols oder The Clash geschrieben wurde: Erwartungen sind schön, sie zu brechen ist manchmal noch schöner. Dazu kommt, dass sich die Hosen gefühlt schon seit 25 Jahren der Frage stellen müssen, ob sie denn nicht langsam zu alt für Punkrock seien.
Altern als Rockstars: Es gibt viele Beispiele
Es gibt viele Beispiele von Musikern, die deutlich älter als die Hosen sind und dennoch Stadien füllen: Die Rolling Stones etwa (bei denen die Hosen einst im Vorprogramm waren) oder Bruce Springsteen (dessen Konzerte Campino gerne besucht). Und auch viele Punkrockbands wie Cock Sparrer, Undertones, The Damned oder die Sex Pistols, die die Hosen entscheidend beeinflusst haben, sind noch immer unterwegs und sprechen gegen die "Irgendwann ist man zu alt"-These.

Campino als Gastprofessor in Düsseldorf
Andererseits sind die Hosen eine Gemeinschaft, in der immer auch abseits der Band viel passiert ist. Vor allem Campino hat mehrfach gezeigt, dass es für ihn ein Leben jenseits von "Hier kommt Alex" und "Tagen wie diese" gibt: Er spielte Theater unter Klaus Maria Brandauer, drehte einen Film mit Wim Wenders, hielt Vorlesungen an der Uni Düsseldorf, hat mehrere Bücher geschrieben. Prioritäten im Leben ändern sich - auch bei Rockstars.
Letztes Konzert in Wien? Eher unwahrscheinlich
Ob die Band sich nun auflöst oder nicht? Ob es darüber konkrete Pläne, lose Gedankenspiele oder vielleicht nichts dergleichen gibt? Das wissen im Moment nur sehr wenige Leute. Und die verraten nichts. Zwei Sachen können derzeit aber nach WDR-Informationen mit hoher Wahrscheinlichkeit gesagt werden: Im kommenden Jahr wird ein neues Album der Band erscheinen, auch wenn das noch nicht offiziell bestätigt ist. Und das Konzert in Wien, das am 12. September 2026 als Schlusspunkt der "Trink aus! Wir müssen gehen"-Tour angekündigt wird, ist sehr wahrscheinlich nicht das Ende - darauf könnte man sämtliche Bommerlunder des Planeten verwetten. Denn das allerletzte Konzert der Toten Hosen muss natürlich dort stattfinden, wo Campino und Charly Hübner ihre Angeln ins Wasser halten: in Düsseldorf.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- Instagram-Account der Toten Hosen
- WDR-Informationen
Über dieses Thema berichten wir am 12.05.2025 auch im WDR Fernsehen: Aktuelle Stunde, 18.45 Uhr.