
Nordrhein-Westfalen Tag der Pflege: Minister Laumann lobt, aber Azubis sind überlastet
NRW-Gesundheitsminister Laumann hat am Tag der Pflege ein Heim im Münsterland prämiert. Im Alltag gibt es weiter viel Frust in der Pflege. Azubis fühlen sich laut einer Verdi-Umfrage oft allein gelassen.
Die Weltgesundheitsorganisation hat den 12. Mai zum "Internationalen Tag der Pflege" (auch Tag der Pflegenden) erklärt. Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat deshalb an diesem Montag in Düsseldorf den Pflegepreis NRW vergeben.
In diesem Jahr ging die Auszeichnung der Pflegekammer NRW ins Münsterland, an das St. Elisabeth-Altenstift in Nottuln. Die Einrichtung wurde für ihren ganzheitlichen Ansatz prämiert. Laumann lobte die zugewandte Haltung des Pflegeteams gegenüber Bewohnern und ihren Angehörigen. Der Pflegepreis NRW ist nicht dotiert.
Knapp 1,4 Millionen Menschen in Nordrhein-Westfalen sind pflegebedürftig. Rund 300.000 Menschen arbeiten in NRW in der Pflege. Laut Sozialverband VdK werden bundesweit rund 14 Prozent der Pflegebedürftigen in stationären Einrichtungen versorgt - alle anderen zuhause von Angehörigen und ambulanten Pflegediensten.
Verdi-Umfrage: Auszubildende oft überfordert
Eine aktuelle Umfrage der Gewerkschaft Verdi unter Pflege-Azubis in NRW zeigt, wie hoch die Arbeitsbelastung ist. 55 Prozent der befragten Auszubildenden gaben an, "nie" oder "selten" Zeit für praktische Anleitung zu bekommen - obwohl das eigentlich als Teil der Ausbildung vorgeschrieben ist. Das Stimmungsbild wurde bei gut 100 Azubis erhoben.
28 Prozent der Azubis berichten, "immer" oder "häufig" Überstunden leisten zu müssen. Laut Gesetz darf dies nur in Ausnahmefällen geschehen. Nur etwa die Hälfte der Befragten (51,7 Prozent) plant, nach der Ausbildung in Vollzeit in der Pflege zu arbeiten. Knapp 20 Prozent erwägen, den Beruf wieder aufzugeben oder sie wollen sich nicht festlegen.

NRW-Gesundheitsminister Laumann (CDU)
Das Laumann-Ministerium verweist auf "massive" Investitionen in die Pflege. NRW habe in den letzten Jahren Fördermitteln von 350 Millionen Euro für zusätzliche Schulplätze und notwendige Modernisierungsmaßnahmen an Pflegeschulen und Schulen des Gesundheitswesens bereitgestellt.
Kritik an der Landesregierung
„Die Landesregierung tut gerne so, als sei in der Pflegeausbildung alles in Ordnung. Sie verweist auf hohe Ausbildungszahlen und wiegt die Bevölkerung in Sicherheit“, sagt der zuständige Verdi-Sekretär Martin Wähler. Er forderte Schwarz-Grün auf, für eine "qualitativ hochwertige Pflegeausbildung" zu sorgen.
Viele Auszubildende beklagten "Überstunden und Überlastung". Eine Auszubildende an einer Uniklinik habe berichtet, sie sei im zweiten Ausbildungsjahr gemeinsam mit einer ungelernten Hilfskraft für 30 pflegeaufwändige Patientinnen verantwortlich gewesen – nach Verdi-Angaben ohne Erfahrung und ohne fachliche Anleitung.
Kritik kommt auch von der SPD im Landtag. "Die Pflegedienste gehen auf dem Zahnfleisch, viel zu viele von ihnen streichen im Moment die Segel. Pflegende Angehörige und Pflegekräfte sind am Limit", sagt der SPD-Sozialpolitiker Thorsten Klute. Minister Laumann weigere sich, die seit fast 30 Jahren nicht angepasste Investitionskostenförderung für ambulante Pflegedienste zum Ausgleich der Inflation anzuheben, so Klute.
Fünf Stufen im System Pflege
Wer mit Menschen in der Pflege spricht, bekommt auch grundsätzliche Kritik am System der sogenannten Pflegegrade zu hören. Es gibt fünf Pflegegrade - von 1 ("geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit") bis 5 ("schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung").
Aus der Einstufung der Pflegebedürftigen von 1 bis 5 ergibt sich der Personalschlüssel in Heimen. Bewohner, deren Pflege sehr anstrengend und intensiv sei kann, bekommen nicht immer einen hohen Pflegegrad. Dies gilt etwa für körperlich fitte Menschen mit Demenz. Pflegekräften bleibt dann oft weniger Zeit für bettlägerige Menschen mit hohem Pflegegrad.
Die neue Bundesregierung verspricht eine "große Pflegereform". Ziel ist laut schwarz-rotem Koalitionsvertrag eine "Stärkung der ambulanten und häuslichen Pflege". Noch 2025 sollen konkrete Vorschläge auf dem Tisch liegen. Sozialverbände fordern eine "verlässliche Infrastruktur". Angebote der Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflege müssten ausgebaut werden.
Über dieses Thema berichtet der WDR am 12.05.2025 auch im Hörfunk und in den aktuellen Sendungen des WDR Fernsehens.
Unsere Quellen:
- Minister Laumann bei Preisverleihung in Düsseldorf
- Verdi-Umfrage in Mitteilung und Details auf Anfrage
- SPD-Abgeordneter Klute laut Mitteilung
- eigene Recherchen