
Hamburg Kommentar zum FC St. Pauli: Erfolg dank Teamgeist und Trainer Blessin
Der FC St. Pauli hat den Verbleib in der Fußball-Bundesliga praktisch sicher - und das bereits einen Spieltag vor Saisonende. Eine bemerkenswerte Leistung des Aufsteigers, meint Sebastian Ragoß in seinem Kommentar.
Die berühmte theoretische Chance gibt es noch, dass St. Pauli am letzten Spieltag von Hoffenheim (punktgleich auf Rang 15) sowie Heidenheim (16.) überholt und auf den Relegationsrang verdrängt wird. Doch bei drei Punkten Vorsprung und einer um 13 Treffer besseren Tordifferenz gegenüber dem FCH gibt es keine realistischen Zweifel mehr: St. Pauli wird in der Bundesliga bleiben und das letzte Heimspiel gegen den bereits abgestiegenen VfL Bochum am kommenden Sonnabend (15.30 Uhr, im NDR Livecenter) als Festtag feiern können.
Entsprechend euphorisch wurde am Sonntag der Schlusspfiff und der Punktgewinn bei Eintracht Frankfurt bejubelt. Bereits am 33. Spieltag hat der FC St. Pauli den Klassenerhalt in der Fußball-Bundesliga praktisch geschafft. Eine bemerkenswerte Leistung des Aufsteigers, die zeigt, dass im Profifußball eine gute Strategie, Teamgeist und ein funktionierendes Umfeld mitunter auch (große) finanzielle Nachteile kompensieren können.
Trainer Blessin ein Glücksgriff
Den Grundstein für die erfolgreiche Saison legte Sportchef Andreas Bornemann in der Sommerpause, als er Trainer Alexander Blessin als Nachfolger für Fabian Hürzeler verpflichtete. Den Aufstiegscoach, der vielleicht das größte Trainertalent in der Geschichte des Clubs war, adäquat zu ersetzen, erschien fast unmöglich. Bornemann ist es gelungen.
"Ich denke, es matcht gut", hatte Blessin bei seiner Vorstellung am Millerntor gesagt und sollte Recht behalten. St. Pauli hatte zwar einen schwierigen Saisonstart mit drei Niederlagen in Folge, fand sich dann aber immer besser zurecht und steigerte sich kontinuierlich.
St. Pauli zeichnet eine exzellente Defensive aus
Blessins Mannschaft zeichnet aus, was im deutschen Fußball noch immer ein wenig geringgeschätzt wird: systematisches, kollektives Verteidigen. Jeder weiß um seine Aufgabe, jeder bringt seine Fähigkeiten im Verbund mit seinen Mitspielern ein. Das mag auf den ersten Blick nicht besonders spektakulär erscheinen, ist aber hohe Trainerkunst.
Vor allem, weil Blessin regelmäßig wichtige Spieler ersetzen musste, die teilweise mehrere Wochen verletzt ausfielen. Trotzdem ließ das Team nicht nach. Die Ersatzspieler reihten sich nahtlos ins System ein. Profis, die in der vergangenen Zweitliga-Saison kaum Einsätze hatten, wurden zu Stützen beim Aufsteiger. Zusammengefasst: Es ist beinahe egal, wer auf dem Feld steht, die Grundstruktur ist immer intakt und sorgt für Stabilität.
Ein Beweis für den Teamgeist und die gute taktische Schulung der Profis, die auch durch Zahlen untermauert wird. St. Pauli ist die laufstärkste Mannschaft der Bundesliga - und war lange Zeit auch eine der fairsten, ehe es gegen Werder und Stuttgart insgesamt drei Gelb-Rote Karten gab, zwei allerdings aufgrund von unsportlichem Verhalten.
Luft nach oben in der Offensive
Blessins Strategie, als Fundament für den Erfolg auf eine starke Defensive und ein fast perfekt funktionierendes Kollektiv zu setzen, ist aufgegangen. Tore zu verhindern war Priorität eins, Tore zu erzielen fiel der Mannschaft während der gesamten Saison hingegen schwer.
Dabei kickt St. Pauli alles andere als planlos nach vorne, Positionsspiel und Spielanlage können sich durchaus sehen lassen. Es fehlt aber an individueller Qualität. Anders als bei der Hürzeler-Nachfolge fand Bornemann keinen gleichwertigen Ersatz für den letztjährigen Topscorer Marcel Hartel, der in die USA wechselte und dort sehr viel mehr verdient, als St. Pauli einem Spieler zahlen kann.
Dies sind die sogenannten Gesetze des Marktes, die für St. Pauli in der kommenden Sommerpause erneut zu großen Herausforderungen führen könnten: Blessin soll unter anderem beim VfL Wolfsburg und RB Leipzig ein Kandidat sein. Auch einige Spieler - beispielsweise Elias Saad - dürften das Interesse von zahlungskräftigeren Clubs geweckt haben.
Grundlagen für weitere Erfolge sind geschaffen
Wird es Bornemann gegebenenfalls noch einmal gelingen, einen Top-Trainer ohne Qualitätsverlust zu ersetzen? Gelingt es ihm, die die Offensive durch kluge Transfers zu verbessern?
Die Aufgaben bleiben anspruchsvoll beim FC St. Pauli, dessen Budget auch in der kommenden Saison zu den kleinsten in der Fußball-Bundesliga gehören wird. Die Grundlagen für eine weitere erfolgreiche Spielzeit hat der Club dank seiner guten Arbeit in den vergangenen Jahren jedoch allemal geschaffen.
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Sportclub | 11.05.2025 | 22:50 Uhr