Bahnübergang in Zeutern, an dem sich im März der tragische Zusammenstoß einer Stadtbahn mit einem Tanklaster ereignet hat.

Baden-Württemberg Nach Stadtbahnunglück in Ubstadt-Weiher: Sind unbeschrankte Bahnübergänge unsicher?

Stand: 12.05.2025 08:59 Uhr

Im März sind beim Zusammenstoß einer Stadtbahn und eines Tanklasters drei Menschen in Ubstadt-Weiher gestorben. Kann man diesen unbeschrankten Bahnübergang nun wieder frei geben?

Von Heiner Kunold

Nach dem Stadtbahnunfall am 11. März soll nun der Bahnübergang im Ubstadt-Weiherer Ortsteil Zeutern (Kreis Karlsruhe) genau begutachtet werden. Die Gemeinde hat eine Verkehrsschau angeordnet. Bürgermeister Tony Löffler möchte, dass Experten die Verkehrssituation am Unfallort neu bewerten.

Nichtöffentliche Verkehrsschau soll den Unfallort begutachten

Die Verkehrsschau in dieser Woche ist nicht öffentlich. Die Experten möchten unter sich bleiben. Aber die Menschen im Ortsteil Zeutern reden über das Unglück. Auch noch acht Wochen nach dem tragischen Unfall mit drei Toten fragen sie sich: Wäre das Unglück vermeidbar gewesen?

Am 11. März haben wir in diesem Beitrag über den tödlichen Straßenbahnunfall mit dem Tanklaster berichtet:

Anwohnerin aus Zeutern: "Unfall wäre vermeidbar gewesen"

Gisela Lupfer hat an jenem Dienstagnachmittag alles aus nächster Nähe mitbekommen. Sie stand unter Schock, berichtet die Großmutter von drei Enkeln. Und sie habe immer wieder die schrecklichen Bilder vor Augen gehabt: von der Explosion und von dem schwer verletzten Fahrer des Tanklasters. Der Fahrer wurde nach dem Unfall mit schweren Verbrennungen in eine Spezialklinik geflogen, dort wird er noch immer behandelt.

Lupfer sagt: "Der Unfall wäre vermeidbar gewesen." Man hätte die Verkehrssituation an dem unbeschrankten Bahnübergang am Ortsende des kleinen Dorfes schon längst einmal überprüfen müssen. Sie ist sich sicher: Dann hätte man dort bestimmt Schranken installiert und ein Durchfahrverbot für Lkw erlassen.

Was soll mit dem Bahnübergang passieren, an dem sich im März der tragische Zusammenstoß einer Stadtbahn mit einem Tanklaster ereignet hat?

Gisela Lupfer aus Zeutern ist der Meinung, der Unfall hätte mit einer Schranke verhindert werden können.

In ihrem Bekanntenkreis sei der Übergang schon lange ein Thema gewesen, berichtet Gisela Lupfer. Immer wieder haben Freunde und Bekannte sich über die Verkehrssituation beklagt. Sie selbst sei dort auch nur noch ausnahmeweise entlang gefahren.

Für Lastwagen würde ich den Weg gar nicht zulassen - viel zu steil und viel zu gefährlich. Gisela Lupfer, Augenzeugin des Unfalls und Anwohnerin in Zeutern

Strecke am Bahnübergang von Zeutern: Schwierige und enge Behelfsausfahrt

Das Problem des Bahnübergangs am Ortsausgang von Zeutern: Er verbindet eine Landstraße oberhalb der Gleise mit einem Gewerbegebiet unterhalb davon. Dazwischen liegt auch noch ein kleiner Bach mit einer engen Brücke. Die Strecke mit dem Bahnübergang ist insgesamt keine 50 Meter lang. Der Höhenunterschied macht allerdings mehrere Meter aus, weshalb die Abfahrt von der Landstraße in den Ort steil und eng ist. Ein Lkw, wie der Tanklaster zum Beispiel, stand unmittelbar nach dem Abbiegen schon vor dem Bahnübergang. Und der Fahrer musste kräftig in die Eisen steigen, um rechtzeitig anzuhalten.

Das ist ausdrücklich kein Rekonstruktionsversuch des Unfallhergangs. Vielmehr die Meinung vieler Anwohner. Julia Börner zum Beispiel fährt schon länger nicht mehr über die Behelfsausfahrt auf die Landstraße. Zu gefährlich, sagt sie. Mindestens eine Schranke müsse her und am besten noch eine ganz neue Zufahrt auf die Landstraße. Solange die nicht kommt, will sie weiter den längeren und umständlicheren Weg durch den Ort nehmen.

Ich habe hier noch nie ein gutes Gefühl gehabt. Deshalb habe ich die Strecke schon vor dem Unfall gemieden. Julia Börner, Unternehmerin aus Zeutern
Was soll mit dem Bahnübergang passieren, an dem sich im März der tragische Zusammenstoß einer Stadtbahn mit einem Tanklaster ereignet hat?

Anwohnerin Julia Börner meidet den Behelfsübergang und fährt lieber einen Umweg.

Schon vor dem tödlichen Unfall: Viele Anwohner fahren lieber Umwege

Auch Andreas Leiser, Chef einer Holzbaufirma in Zeutern, hat seinen Kollegen schon vor dem Unglück die Dienstanweisung gegeben, den kleinen Feldweg über die Gleise nicht mehr zu benutzen. Er würde ihn für Lkw komplett schließen, meint Leiser. Außerdem bräuchte der Bahnübergang eine Schranke.

Und so wie Leiser denken die meisten Anlieger in dem kleinen Gewerbegebiet am Ortsrand. Stefan Wacker zum Beispiel. Er wartet dringend darauf, dass die Zufahrt zum Gewerbegebiet endlich wieder geöffnet wird. Aber wenn sie in Zukunft eine Schranke hätte, dann wäre er damit auch einverstanden, berichtet er.

Wir fahren täglich mindestens fünf Mal über die Bahnlinie. Das ist eine schwierige Überfahrt mit zwei Problemen: zum einen die Bahnlinie selbst und dann die Zufahrt auf die Landstraße. Stefan Wacker, Unternehmer in Zeutern
Was soll mit dem Bahnübergang passieren, an dem sich im März der tragische Zusammenstoß einer Stadtbahn mit einem Tanklaster ereignet hat?

Was soll mit dem Bahnübergang passieren, an dem sich im März der tragische Zusammenstoß einer Stadtbahn mit einem Tanklaster ereignet hat? Stefan Wacker, Unternehmer aus Zeutern, möchte, dass der Übergang möglichst schnell wieder geöffnet wird.

Bürgermeister von Ubstadt-Weiher widerspricht Anwohnern

Bleibt am Ende die Frage: Hätte der Unfall vermieden werden können? Haben hier die Verantwortlichen vielleicht eine Entwicklung verschlafen? Denn inzwischen sind viel mehr und auch viel größere Unternehmen in dem kleinen Gewerbegebiet in Zeutern ansässig. Zuletzt waren auf dem Feldweg am Ortsrand fast regelmäßig größere Lkw mit Anhänger unterwegs.

Was soll mit dem Bahnübergang passieren, an dem sich im März der tragische Zusammenstoß einer Stadtbahn mit einem Tanklaster ereignet hat?

Bürgermeister Tony Löffler hält eine Schranke für sinnvoll.

Bürgermeister Tony Löffler beantwortet die Frage mit Nein. Wenn es nach ihm ginge, dann bekäme der Bahnübergang auf dem Feldweg sofort Schranken. Löffler verweist aber auch auf zurückliegende Verkehrsschauen. Die letzte fand im Jahr 2017 statt. Da wurden sämtliche 23 Bahnübergange in Ubstadt-Weiher auf ihre Sicherheit hin untersucht. Damals habe man bei dem Unfallübergang in Zeutern nur sehr wenig Verkehr registriert, berichtet der Bürgermeister und er sagt: "Wir hatten einfach keine Veranlassung, hier tätig zu werden."

Nach dem Unfall habe ich mir die Frage gestellt, die sich jeder im Ort gestellt hat: Ist hier alles in Ordnung gewesen oder hätte man hier was anderes machen müssen? Deshalb haben wir die Verkehrsschau angesetzt. Tony Löffler, Bürgermeister von Ubstadt-Weiher

Unbeschrankter Bahnübergang unsicher? Ergebnisse erst in ein paar Wochen

Ob diese Einschätzung auch heute noch haltbar ist, hält Löffler selbst für fraglich. Wenn es nach ihm ginge, gäbe es in Ubstadt-Weiher überhaupt keine unbeschrankten Bahnübergänge mehr. Die Ergebnisse der Verkehrsschau sollen allerdings erst in ein paar Wochen vorliegen. Mindestens so lange bleibt der kleine Feldweg am Ortsende weiter gesperrt. Und die Gemeinde wäre vielleicht gut beraten, die Verkehrssicherheit ihres Gewerbegebiets in Zeutern einmal grundsätzlich unter die Lupe zu nehmen. Denn mit oder ohne Schranke - wo die Tieflader und 40-Tonner in Zukunft langfahren sollen, bleibt auch weiterhin ein Problem.

Was soll mit dem Bahnübergang passieren, an dem sich im März der tragische Zusammenstoß einer Stadtbahn mit einem Tanklaster ereignet hat?

Was soll mit dem Bahnübergang passieren, an dem sich im März der tragische Zusammenstoß einer Stadtbahn mit einem Tanklaster ereignet hat? Eine Expertenkommission wird bei einer Verkehrsschau darüber beraten.

Sendung am Mo., 12.5.2025 10:30 Uhr, SWR4 BW Studio Karlsruhe

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