Emmanuel Macron, Friedrich Merz, Wolodymyr Selenskyj, Donald Tusk und Keir Starmer bei einem Treffen in Kiew

Reaktionen auf Putin-Vorschlag "Keine Verhandlungen, solange die Waffen sprechen"

Stand: 11.05.2025 14:02 Uhr

Die Antwort auf Putins Vorschlag, direkte Gespräche mit der Ukraine zu führen, ist einhellig: Sowohl der ukrainische Präsident Selenskyj als auch Kanzler Merz und Frankreichs Präsident Macron erwarten, dass Putin zuerst einer sofortigen Waffenruhe zustimmt.

Die Ukraine und europäische Verbündete haben den Vorschlag von Russlands Präsident Wladimir Putin für direkte Verhandlungen zur Beendigung des Ukraine-Kriegs als unzureichend zurückgewiesen. Der russische Präsident hatte in der Nacht in Moskau gesagt, er schlage direkte Gespräche zwischen Russland und der Ukraine vor, die schon kommende Woche beginnen sollten.

Putin hatte damit auf eine Forderung mehrerer europäischer Staats- und Regierungschefs und des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj reagiert. Diese hatten eine 30-tägige Waffenruhe ohne Bedingungen gefordert, Putins Gegenvorschlag beinhaltete diese Waffenruhe nicht.

Für Selenskyj ist das keine Option. Auf der Plattform X schrieb er, es sei ein positives Zeichen, "dass die Russen endlich begonnen haben, über ein Ende des Krieges nachzudenken." Die ganze Welt habe darauf lange gewartet. "Der allererste Schritt" zur Beendigung eines jeden Krieges sei eine Waffenruhe - so wie er und seine europäischen Verbündeten vorgeschlagen hatten: "Wir erwarten, dass Russland ab morgen, dem 12. Mai, einen Waffenstillstand bestätigt - einen vollständigen, dauerhaften und verlässlichen. Die Ukraine ist bereit, sich zu einigen", so Selenskyj.

Vassili Golod, ARD Kiew, mit Reaktionen aus der Ukraine auf den Vorschlag aus Moskau

tagesschau24, 11.05.2025 20:15 Uhr

Andere Stimmen in der Ukraine klingen skeptischer. Der Oppositionspolitiker Jaroslaw Schelesniak forderte die westlichen Unterstützer der Ukraine auf, den Druck auf Russland weiter zu erhöhen. In ukrainischen Medien lautete der Tenor, dass Putin erneut versuche, mit einer "Verzögerungstaktik" Zeit zu gewinnen.

Macron: Keine Verhandlungen ohne Waffenruhe

Auch der französische Präsident Emmanuel Macron reagierte verhalten auf den Vorschlag Putins. Ihn erreichte die Nachricht kurz vor seiner Rückreise aus der Hauptstadt Kiew, wo er gemeinsam mit Bundeskanzler Friedrich Merz, dem britischen Premier Keir Starmer und dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk seine Solidarität mit der vor drei Jahren von Russland angegriffenen Ukraine bekundet hatte.

"Es kann keine Verhandlungen geben, solange die Waffen sprechen. Es kann keinen Dialog geben, wenn zur gleichen Zeit Zivilisten bombardiert werden", schrieb Macron auf der Plattform X.

Der französische Präsident erinnerte daran, dass auch US-Präsident Donald Trump den Vorschlag der Europäer nach einer bedingungslosen, mindestens 30-tägigen Waffenruhe unterstütze. Der ukrainische Präsident Selenskyj habe das akzeptiert, ohne eigene Bedingungen zu setzen, schrieb Macron. "Wir erwarten jetzt eine ebenso klare Antwort von Russland."

Auch für Bundeskanzler Friedrich Merz sind die Signale aus Moskau nicht ausreichend. "Wenn die russische Seite nun Gesprächsbereitschaft signalisiert, ist das zunächst ein gutes Zeichen. Es ist aber bei weitem nicht hinreichend", teilte Merz mit. Er erwarte von Moskau, "dass es jetzt einem Waffenstillstand zustimmt, der echte Gespräche überhaupt erst ermöglichen kann. Erst müssen die Waffen schweigen, dann können Gespräche beginnen."

Kiesewetter spricht von "Ausweichmanöver"

Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter sieht in Putins Vorstoß zu Direktgesprächen mit der Ukraine ein "Ausweichmanöver". Der Lackmustest für Putin sei, ob er auf die Forderung nach einer 30-tägigen Waffenruhe eingehe, sagte Kieswetter der Nachrichtenagentur Reuters. "Direkte Verhandlungen - was soll der Gegenstand sein? Rückgabe der entführten Kinder? Umgang mit den Menschen in den von Russland besetzten Gebieten?", fragte er.

Die russischen Angriffe auf Städte wie Kiew und Pokrowsk seien mit unvermittelter Härte wieder aufgenommen worden. "Es gilt, Putin an seinen Taten zu messen, nicht an seinen Worten", forderte Kiesewetter. Aus Putins Worten sei kein Bekenntnis zu einem bedingungsloses Existenzrecht der Ukraine geschweige denn in ihren legitimen Grenzen zu entnehmen.

Putin bleibt bei seinen Vorbedingungen

Nach Einschätzung von ARD-Korrespondent Vassili Golod, der aus Kiew berichtet, steckt hinter Putins Vorgehen ein Muster: Er simuliere Diplomatie, um gleichzeitig weiter Krieg zu führen.

ARD-Korrespondentin Silke Diettrich berichtet aus Moskau, Putin gebe seit Jahren vor, er sei zu Verhandlungen bereit. Doch auf die Waffenruhe-Forderung der Europäer und Selenskyjs sei er gar nicht eingegangen. Putin verlange vor einem Friedensschluss eine Reihe von Zugeständnissen: Die Ukraine solle nicht Teil der NATO werden, die Ukraine solle entmilitarisiert werden und Putin beanspruche neben der Krim weiteres russisch besetztes ukrainisches Staatsgebiet für sich. Perspektivisch wolle Putin auch eine neue ukrainische Führung, auch wenn er jetzt zu Verhandlungen mit Selenskyj bereit zu sein scheine.

Norbert Hahn, ARD Moskau, mit Einschätzungen zum Vorschlag von Russlands Präsident Putin

tagesschau24, 11.05.2025 20:15 Uhr

Putin will an Istanbul-Verhandlungen von 2022 anknüpfen

Nach den Worten Putins sollen die direkten Gespräche mit der ukrainischen Führung bereits am 15. Mai beginnen, das wäre kommende Woche Donnerstag. Als Ort schlägt er die türkische Metropole Istanbul vor.

Vor Journalisten in Moskau sagte Putin, die Verhandlungen sollten an dem Punkt fortgesetzt werden, an dem sie im Mai 2022 in Istanbul abgebrochen worden waren. Eine der Hauptforderungen Russlands war damals, dass die Ukraine im Gegenzug für internationale Sicherheitsgarantien einer dauerhaften Neutralität zustimmt.

Drohnenangriffe in der Ukraine

Putin setzt dabei auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Dieser zeigte sich grundsätzlich bereit, ein Treffen auszurichten, wie er in einem Telefonat mit Macron versicherte.

In der Ukraine gehen die russischen Angriffe derweil weiter. Zwischen Mitternacht und Sonntagmorgen habe Russland 108 Kampfdrohnen gegen die Ukraine gestartet, erklärte die ukrainische Luftwaffe. 60 davon seien abgefangen worden. Über Schäden ist bislang nichts bekannt.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 11. Mai 2025 um 13:00 Uhr.